Was ist Industriehanf?

Hanf ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit und wird seit mindestens 12.000 Jahren genutzt. Industrie-Hanf und Marihuana sind Varianten derselben Pflanzengattung „Cannabis sativa L". Verwendet werden Fasern, Öl der Samen, Samen als Nahrung („Hanfnüsse"), sowie Blätter und Blüten in der Medizin. In der traditionellen chinesischen Heilkunde gilt Hanf als eine der 50 wichtigsten Pflanzen. Der chinesische Kaiser und Herbalist, Chen-Nung, beschrieb die medizinische Verwendung von Hanf bereits vor 5.000 Jahren. In der von ihm verfassten Pharmacopö werden unter anderem die therapeutische Wirkung bei Schmerz, Malaria, Frauenleiden und zahlreichen anderen gesundheitlichen Problemen beschrieben. Erwähnt sind u. a. die topische Anwendung von Hanf bei entzündlichen Erkrankungen der Haut, aber auch alkoholische Tinkturen, die oral als Analgetikum eingenommen wurden. Auch Hildegard von Bingen (1098-1179) wusste um die medizinische Verwendung von Cannabis.

Unter den mehr als 750 verschiedenen Substanzen, die im Hanf vorkommen, scheinen etwa 80 bis 100 Cannabinoide ausschließlich in der Gattung „Cannabis sativa" vorzukommen (American Herbal Pharmacopoeia 2013). Weitere wichtige Inhaltsstoffe sind Flavonoide, Terpene, Sesquiterpene und nicht-canabinoidartige Phenole (Hazekamp 2007). Während das als Marihuana bezeichnete Cannabis reich an psychotropen Delta 9-tetrahydrocannabinol (THC, Dronabinol) ist (etwa 10 bis über 25%), enthält der u.a. auch für die Gewinnung von Cannabidiol (CBD) herangezogene EU-zertifizierte Industrie-Hanf hauptsächlich CBD und nur unbedeutende Spuren von THC. Nach „Good Agricultural Practice" angebauter Industrie-Hanf ist frei von Pestiziden oder anderen Rückständen.

Was ist Cannabidiol?

CBD ist, wie erwähnt, mengenmäßig das weit überwiegende Cannabinoid im Industrie-Hanf. Es hat eine Reihe hervorragender Eigenschaften, die jedoch über viele Jahrzehnte unbeachtet blieben. Reines CBD ist weder ein Narkotikum noch hat es psychotrope Effekte. Daher fällt CBD auch nicht und die UN-Drogenkonvention (Single Convention on Narcotic Drugs, UN 1961, Revision von 1971) bzw. Convention on Psychotropic Substances, (UN 1971). Dabei ist besonders zu achten, dass die Single Convention of Narcotic Drugs (UN 1961), die eine medizinische Verwendung von Cannabis verbot und unzählige Hürden auch für die Forschung verursachte, eine rein politische Entscheidung war, bevor überhaupt eine wissenschaftliche Untersuchung von Cannabis und seiner Inhaltsstoffe begann. Das Verbot erfolgte gegen Rat und gegen die ausdrückliche Empfehlung der Ärzte der American Medical Association (AMA). Struktur und Eigenschaften der Cannabinoide wurden erst 1963/1964 aufgeklärt (Mechoulam 1963; Ganoni, Mechoulam 1964); erst Anfang der 90-iger Jahre begann mit der Entdeckung der Endocannabinoide und der Rezeptoren auch die Erforschung des Endocannabinoidsystems (ECS).

Dieses System spielt für die Aufrechterhaltung der Homöostase, also des physiologischen Gleichgewichts im Körper, eine immens wichtige Rolle. Praktisch alle Funktionen sind betroffen: Appetit, Gemütszustand, Fruchtbarkeit, Immunreaktionen, Haut-, Muskulatur-, Knorpel- und Knochenstoffwechsel oder sensorische Funktionen wie Schmerz, Juckreiz oder Temperaturgefühle sind nur einige Beispiele.

Chemische und physikalische Eigenschaften von Cannabidiol (CBD)

Systematische (IUPAC) Bezeichnung:
2-[1R-3-methyl-6R-(1-methylethenyl)-2cyclohexen-1-yl]-5-pentyl-1,3-bezenediol

INN:-
Synonyme:
(-)-trans-2-p-Mentha-1,8-dien-3-yl-5-pentylresorcinol
(-)-trans-Cannabidiol (CBD)
(-)-Cannabidiol (CBD)

Delta-2-cannabidiol (formale Zählung)
Delta-1-cannabidiol (Terpenoid Zählung)

Molekulargewicht 314.4636
Summenformel C21H30O2
Schmelzpunkt 65°-67° C
Siedepunkt 160-180° C (320-356°F) +
Isomere (-)-trans-Isomere natürlich vorkommend
(+)-Isomere (nur synthetisch, psychoaktiv)
Aussehen Farbloses bis weißes kristallines Pulver

Chemische Formel:

formel

Cannabidiol (CBD) hat 2 chirale Zentren; es kann daher in 4 Stereo-Enatiomeren existieren. In der Natur wird nur (-)-trans Cannabidiol gebildet; dies unterscheidet natürliches von chemisch-synthetischem CBD CBD der Fa. Trigal ist ausschließlich (-)-trans Cannabidiol wie durch Röntgendiffraktionsuntersuchungen bestätigt wurde. Da es kein Agonist der CB1 Rezeptoren ist, hat es keine psychotropen Eigenschaften Das synthetische (+)-Isomere von CBD bindet, im Gegensatz zum natürlichen (-)Enantiomer, an CB1 Rezeptoren und zeigt THC-ähnliche Eigenschaften (Hanus et a., 2005).

CBD interagiert mit dem Endocannabinoid System (ECS); der exakte Wirkmechanismus ist jedoch nach wie vor weitgehend unbekannt. Das ECS besteht im Wesentlichen aus

  • Rezeptoren (CB1, CB2, GPR55, etc.)
  • Ionenkanäle (TRPV1, TRPA1, etc.)
  • Enzyme zur Bildung „nach Bedarf“ aus Vorstufen (zwei parallele Mechanismen)
  • Enzyme für den Abbau (z.B. FAAH/fatty acid amid hydrolase, MAGL/monoacylglycerolipase)
  • Transport-Proteine für die Aufnahme der Endocannabinoide in die Zelle
  • Endocannabinoide (Anandamid/AEA, 2-Arachidonoylglycerol/2-AG, etc.)

Über 65 Bindungsstellen für CBD sind bisher in der Literatur beschrieben worden. Für physiologisch erzielbare Konzentrationen dürften jedoch nur etwa ein Dutzend relevant sein (Bih 2015). Interessanterweise bindet CBD in Konzentration, die therapeutisch erzielbar wären, nicht an die klassischen Rezeptoren CB1 und CB2.

CBD interagiert hauptsächlich mit dem G-Protein Coupled Receptor GPR55, dem Peroxisome Proliferator-Activated Receprot gamma (PPARγ) und Ionenkanälen wie Transient Receptor Potential Channels (TRPV1, TRPA1). Auf CB1 und CB2 Rezeptoren (Hauptbildungsstellen von THC), wirkt CBD als nicht-kompetitiver nagativ-allosterischer Modulator von CB1. CBD ist weder ein Agonist noch eine Antagonist sonder behindert die Bindung anderer Substanzen an diese Rezeptoren (Laprairie et al., 2015). Dies erklärt das Fehlen psychotroper Effekte einerseits und andererseits die Reduktion psychotroper Nebenwirkungen von Kombinationen mit THC.

Verwendung in der Medizin

CBD zeigte bereits wiederholt seine Einsatzmöglichkeit zur Behandlung von Angstzuständen, Epilepsie (z.B. Dravet Syndrom, Lennox-Gastaut Syndrom), Schizophrenie und von anderen psychiatrischen Erkrankungen. Vorläufige Erfahrungen deuten auch auf Einsatzmöglichkeiten in der Drogen-Entzugsbehandlung (z.B. Nikotin-, Alkohol-, Cannabis-Abusus), bei Bewegungsstörungen und bei neurodegenerativen Erkrankungen inklusive Schlaganfall hin.

Eigenschaften und mögliche Indikationen von CBD

Antiinflammatorisch Knochenwachstum-Stimulierung
Antiallergisch Dystonie, Bewegungsstörungen
Antibakteriell Spastizitätsmindernd
Antifungal/Antiviral/gegen Malaria, Prione Schmerzreduktion

Blut-Glucose Reduktion

Epilepsie/Krampfanfälle
Antidiabetisch, diabet. Komplikationen Neuroprotektiv
Antipsychotisch Hauterkrankungen
Reduktion von Angstzuständen Antihyperkeratotisch
Behandlung von Autismus Antiseborrhoisch
Suchtbehandlung Leber-protektiv
Nausea/Emesis Tumor Zell Inhibierung
Colitis/Darmerkrankungen  

Präklinische Daten würden erwarten lassen, dass CBD bei einer Reihe verschiedener Krebserkrankungen, chronischen Schmerzzuständen inkl. neuropathischem Schmerz, Bewegungsstörungen wie Dyskinesie und bei Diabetes, inkl. diabetischen Komplikationen, eingesetzt werden kann. Ähnlich wie THC reduziert auch CBD Übelkeit und Erbrechen.

CBD ist bemerkenswert sicher und gut verträglich. Die akute orale Toxizität (LD50, Maus) lag bei über 10g (!) pro kg Körpergewicht (Loewe 1946). CBD ist wie bereits mehrfach erwähnt frei von sämtlichen psychotropen Eigenschaften. Seit seiner erstmaligen Verabreichung am Menschen 1972 (Carlini, Cunha 1981) ist nicht eine einzige schwerwiegende Unverträglichkeit berichtet worden. Nur unbedeutende Nebenwirkungen traten auf wie z.B. Kopfschmerzen oder Mundtrockenheit, obwohl CBD bis zu einer sehr hohen Einzeldosis von 1500mg (Hunt et al. 1981) und in Tagesdosen von 1280mg über 30 Tage verabreicht wurde. (Zuardi et al., 2006).

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